MTP: Schneller, flexibler und mit weniger Kosten an den Markt

2022-10-26 13:38:01 By : Ms. Ella Wu

Module Type Package (MTPs) sind der Schlüssel für flexible verfahrenstechnische Produktionsanlagen. Sie enthalten eine herstellerneutrale, funktionale Beschreibung, mit der sich Prozessmodule in die Orchestrierungsebene integrieren lassen. Diese Ebene können konventionelle Leitsysteme sein, aber nicht nur, wie der MTP-Fokus-Tag der Namur zeigte.

Zum ersten Mal nahm sich die Namur einen guten halben Tag Zeit, um sich dem Thema MTP ausführlich in einer Online-Konferenz zu widmen. Nicht ohne Grund, wie Namur-Vorsitzender Dr. Felix Hanisch bekräftigte: „Ich glaube, wir haben mit MTP etwas Beachtliches auf die Beine gestellt. Jetzt geht es darum, MTP erfolgreich in die Praxis zu überführen.“ Damit dies gelingt, wurde im vergangenen Herbst die Profibusnutzerorganisation (PNO) e.V. als Host engagiert. Die PNO wird sich vor allem um Themen wie die Internationale Standardisierung, Marketing, Zertifizierung, Test, Trainings und Workshops kümmern.

Technologisch schreitet die Arbeit rund um MTP ebenfalls voran. Mittlerweile sind weitere Namur-Empfehlungen, wie die NE 185 „Anforderungen an die Qualifizierung der PLT“ und die NE 187 „POL-Anforderungen bei modularen Anlagen“, in Arbeit. Zudem wurde ein neuer Arbeitskreis AK 2.12 „Prozessorchestrierung“ ins Leben gerufen. Damit das Thema in der Praxis weitergetrieben wird und in den Anlagen ankommt, richtete Christian Bramsiepe, Evonik, einen Appell an die Betreiber: „Wir müssen die modularen Anlagen inklusive entsprechender Automation am Markt einfordern und vor allem das Konzept firmenintern weiter vorantreiben. Noch ist das MTP-Thema nicht überall angekommen.“

Dr. Felix Hanisch, Namur-Vorsitzender: „Wir haben mit MTP etwas Beachtliches auf die Beine gestellt.“ (Bild: (c) Felix Hanisch 2019)

Naturgemäß rückt das Thema Sicherheit bei der modularen Automation in den Fokus, vor allem vor dem Hintergrund, dass sich Sicherheitstechnik mit Flexibilität schwer tut. Hierfür stellte Anselm Klose, TU Dresden, ein Konzept vor, wie dies mit nicht ganz so großem Aufwand gelingen kann. „Wenn wir eine modulare Anlage betreiben, soll sie sicher sein, aber auch so einfach wie möglich bleiben“, beschreibt Klose die Gratwanderung. Entscheidender Faktor: Die Sicherheitstechnik muss von Anfang an berücksichtigt werden, etwa durch das Prozessdesign, die Auswahl der PEA-Konfiguration und die Wahl der Anlagentopologie. Bei intramodularen Sicherheitsmaßnahmen verfügen die PEAs über ein eigenes vollständiges intramodulares SIS. Bei übergreifenden Konzepten wird dagegen ein intermodulares Sicherheitskonzept benötigt, das einen functional Safety Orchestration Layer (fSOL) besitzt. Dafür wird ein Safety-MTP benötigt. Hierbei stellt sich auch die Frage, welche Aufgaben zum PEA-Hersteller ausgelagert werden können und was ins Safety-MTP gehört. Klose sieht die Lösung in der Entwicklung eines intra- und intermodularem Safety-Konzeptes. Dies müsse auch dann gelten, wenn man noch nicht genau weiß, wie die Endanwendung konkret aussieht. Welche der Sicherheitsstrategien für PEAs und Anlagen die beste und praxisnahste Lösung ist, wird derzeit an der TU Dresden untersucht. Dort wird derzeit ein „Safety Demonstrator“ entwickelt, der in einer Live-Schaltung im P20-Lab von Florian Pelzer, TU Dresden, vorgeführt wurde.

Auch in der modularen Welt werden Komponenten einmal ausfallen, bislang liegt der Fokus diesbezüglich eher auf der Verfügbarkeit von PEAs (Process Equipment Assembly). „Im Augenblick stochern wir noch ein bisschen im Dunkeln, wir wollen jedoch wissen, was zu tun ist, wenn ein Aktor verriegelt ist oder eine Prozedur in der PEAs nicht startet“, so Marc Birkenkamp, Covestro. Unterstützung leistet die NE 184 „Diagnose und Instandhaltungsfunktionen für Modulare Prozesseinheiten“. Neben der Einführung eines Monitoring & Optimization Layers (MOL) soll ein ganzheitlicher Ansatz MTP- und NOA-Informationen verknüpfen. In diesem soll es vier aufeinander aufbauende Diagnoseprofile geben, damit geringe Einstiegshürden bestehen.

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Einen interessanten Aspekt brachte Dr. Nils Richter, BASF, ins Spiel: Was passiert eigentlich, wenn die Orchestrierung im MES und nicht mehr im klassischen Prozessleitsystem stattfindet? Vorteil wäre, dass ein Chemiker seinen Prozess gestalten kann. Es wäre eine flexible Kopplung an weitere IT-Systeme möglich, wie die Einbindung von ERP, LIMS oder Datenbanken. Auch weitere Units aus der Produktion und Intralogistik ließen sich per plug-and-produce integrieren. Durch die Einfachheit ließen sich zudem manuelle Handlungen im Prozess, wie das Einscannen von Barcodes per Hand, einbauen. Die Zeitersparnis beim Einbinden neuer Units wäre drastisch und man kann schneller mit neuen Produkten am Markt sein. Soweit die Theorie, doch was sagt die Praxis?

Anhand eines Open-Automation-Demonstrators wagte man sich bei der BASF mit ABB und Phoenix Contact an die etwas andere Orchestrierung von MTP-Modulen. Der Demonstrator besteht aus vier Automatisierungsmodulen, von denen jedes eine zusammenhängende Gruppe von Sensoren und Aktoren mit einer eigenen Steuerung (Distributed Control Node) darstellt. Die Programmierung der Steuerung entspricht dem MTP-Standard und enthält eine Engineering-Datei, Dienste und Zustandsautomation sowie ein MES als Orchestration Layer. „Voraussetzung ist eine zustandsbasierte Steuerung, damit das MES Aufgaben übernehmen kann, für die es nicht gedacht war“, erklärte Richter. Weiter müssten kommerziell verfügbare MES-Produkte den MTP-Standard umsetzen und mit Workflow-Tools kombinieren.

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Zumindest beim Demonstrator wurden die Erwartungen erfüllt. So gelang ein effizientes Engineering mit bis zu 70 Prozent Zeitersparnis beim Einbinden der Units. Langfristig erhofft man sich eine höhere Produktqualität und Lieferzuverlässigkeit durch verbesserte Transparenz und optimierte Betriebsprozesse. Kann man vom Demonstrator auf die Wirklichkeit schließen? Die Antwort von Richter war eindeutig: „Natürlich wird es weiterhin einen großen Anteil an Aufgaben geben, die nur mit dem klassischen DCS zu lösen sind. Aber wir sehen durchaus eine kritische Masse an Aufgaben, für die kein DCS mehr nötig ist.“

Abschließend stellte Sebastian Härter, Merck, gemeinsam mit Matthias Berenz, Siemens, erste Einsätze eines Process Orchestration Layer (POL) in der Produktion bei Merck vor, mehr dazu lesen Sie hier. Beide zeigten sich begeistert, auch wenn sich nun bei der praktischen Umsetzung Fragen auftun.

Hürden sehen sie unter anderem darin, dass die Norm für MTP (VDI/VDE 2658) noch nicht finalisiert und betriebsbewährt ist. Ärgerlich: Viele OEMS zeigen ein generelles Interesse an dem Thema, möchten aber erst mitziehen, wenn der Standard fertig ist. Weiter gibt es für Modulhersteller aktuell nur wenige Standard-Tools auf dem Markt, wie MTP-Generatoren, um MTPs zu erstellen. Ähnliches gilt für die Kern-Funktionalitäten einer POL, die die Voraussetzung für den POL-übergreifenden Einsatz von Modulen ist. Insbesondere bei GMP-Anlagen ergeben sich ebenfalls offene Fragen, vor allem im Zusammenspiel PEA-POL, beim Datenhandling, bei den Audit Trails, im User Management und nicht zuletzt bei der Validierung der Orchestrierung. Dennoch zeigten sich Härter und Berenz davon überzeugt, dass MTP auf dem richtigen Weg ist.

Wer glaubt, das MTP nur für die Feinchemie und Pharmaindustrie ein Thema ist, wurde von Henry Bloch, Semodia, eines besseren belehrt. Andere Branchen beäugen die praktische Umsetzung mit großem Interesse. Um nur einige Beispiele zu nennen: Bei der Automatisierung auf Kreuzfahrtschritten passen die Module häufig nicht zusammen, was entsprechend hohe Nacharbeiten nach sich zieht.

Herausfordernd dabei: Sowohl Werftzeiten als auch die Inbetrieb- und Abnahme, die auf See stattfindet, sind kostspielig. Je länger es dauert, Schnittstellen zu verbinden, desto teurer wird es. Mit MTP sollen sich aufgrund der leichteren Integration von Modulen und Package Units die teuren Werftzeiten deutlich reduzieren. Spannend wird es auch in der Wasserstoffindustrie. So sollen in Zukunft Elektrolyseure in mobilen Containern gefertigt werden. Doch bereits heute ist abzusehen, dass diese höchst unterschiedlich werden. MTP bietet die Chance, diese Module zu verbinden. Großes Interesse melden zudem die Anwender von Prozessanalysentechnik an. Hier gibt es eine unglaubliche Anzahl an Geräten, Technologien und Herstellern. Die Integration der PAT-Systeme ist immer noch unglaublich aufwändig. Auch dies könnte mit MTP in Zukunft um einiges leichter fallen.

* Die Autorin ist freie Redakteurin der PROCESS. E-Mail-Kontakt: redaktion@process.de

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