Betonmischwerk in Albstadt: Entweicht bei Valet & Ott nun Wasserdampf oder Zementstaub? - Albstadt & Umgebung - Schwarzwälder Bote

2022-10-26 13:46:10 By : Ms. Ellen Chen

Zementstaub kann die Atemwege reizen und Krebs erregen, warnen Lungenfachärzte. Große Mengen davon setzt – das reklamieren Anwohner – die Firma "Valet & Ott" frei. Die bestreitet das.

Albstadt-Truchtelfingen - Wasserdampf sei das, was regelmäßig vom Gelände respektive dem Mischturm des Betonmischwerks "Valet & Ott" in der Truchtelfinger Konrad-Adenauer-Straße entweicht. Diese Antwort hat das Landratsamt des Zollernalbkreises von der Firma auf Nachfrage erhalten – und sich dann vermutlich, wie es sich gehört, freundlich für die Auskunft bedankt.

Die entscheidende Frage jedoch ist: Wodurch entsteht so viel Wasserdampf auf dem Gelände eines Betonmischwerks? In einer Beschwerde an das Landratsamt des Zollernalbkreises und die Stadt Albstadt berichten Anwohner davon, dass die Staubwolken vom Dach immer dann aufträten, wenn "das Silo im Mischturm mittels Druckschlauch des anliefernden Sattelzuges mit Zement befüllt wird".

Lothar Ruess, Prokurist von "Valet & Ott", antwortet auf die Frage des Schwarzwälder Boten, durch welchen Vorgang im Mischturm Wasserdampf entstehe, alles andere als konkret: "Zu dieser Frage hat unser Unternehmen ein unabhängiges Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben. Das Gutachten hat deutlich gezeigt, dass die Anschuldigungen der Angrenzer" – auf ihnen basierte die Nachfrage des Landratsamtes – "unzutreffend sind. Auf Grund des hier noch laufenden Verfahrens wollen wir uns hierzu jedoch nicht weiter äußern."

Damit spielt Ruess auf ein strafrechtliches Verfahren an, das die Emission von Staub betrifft und das derzeit läuft. Warum sich eine Staatsanwaltschaft respektive ein Gericht der Angelegenheit annehmen, wenn es stimmt, was Ruess sagt, und das Gutachten "deutlich gezeigt" hat, dass die Anschuldigungen der Anwohner unzutreffend seien, verrät der Prokurist von "Valet & Ott" allerdings nicht.

Das Landratsamt des Zollernalbkreises erklärt auf Anfrage unserer Redaktion: "Der vorhandene Staub resultiert überwiegend von den abgelagerten Zuschlagstoffen (Sand, Splitt, Kies, Schotter und Liapor), die sich auf dem Betriebsgrundstück entlang der westlichen und unmittelbar daran angrenzenden südlichen Betriebsgrenze erstrecken. Insbesondere an produktionsreichen Tagen führt der Umschlag dieser Schüttgüter zu einer hohen Staubbelastung."

Das Landratsamt teile die Auffassung, "dass diese Lagerung eine unzumutbare Beeinträchtigung darstellt", heißt es weiter. "Gegen diese Ablagerungen in offenen Lagerboxen" – dabei handele es sich um genehmigungspflichtige Anlagen nach dem Bundesimissionsschutzgesetz – sei die Immissionsschutzbehörde daher mit einer Stilllegungsanordnung vom 20. Oktober 2020 vorgegangen. Die Firma "Valet & Ott" habe allerdings am 15. November 2021 Klage vor dem Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben, sodass die Entscheidung noch nicht rechtskräftig sei.

Das Landratsamt habe inzwischen erneut das Verwaltungsgericht Sigmaringen gebeten, einer weiteren Verzögerung des Klageverfahrens entgegenzuwirken, um gegen den Betrieb dieser Schüttungen vorgehen zu können.

Sind es nur die Schüttungen, von denen Staub ausgeht? Fotos, die vom Hang westlich des Firmengeländes gemacht wurden, zeigen, dass auch aus dem Mischturm Emissionen entweichen, zu dem es in einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 17. September 2020 heißt: Bei einer Besichtigung der Anlage am 21. Januar 2020 durch das Landratsamt sei im Aktenvermerk festgehalten worden, "dass im Bereich der Entstaubungsanlage der Zement- und Zusatzstoffsilos größere Staubablagerungen festgestellt worden seien; am Steinmehlsilo habe außerdem eine Feder an der Überdruckklappe gefehlt".

Im selben Beschluss heißt es mit Blick auf die Entstaubungsanlage: "Der Zustand des Filters, die starken Staubablagerungen und der festgestellte Mangel an der Druckentlastungskappe des Steinmehlsilos ließen besorgen, dass die Anlage nicht dem Stand der Technik entspreche. Auf einen Defekt deuteten auch die erheblichen Zuschlagstoff-Ablagerungen im Bereich der Übergabestelle bzw. hinter dem Becherwerk hin."

Weiter heißt es dort, dass die Unterlagen zur Entstaubungsanlage ungenügend seien und "keinen Aufschluss" darüber gäben, ober die Anlage (...) dem Stand der Technik entspreche.

Die Zuschlagstoffe lagern nicht nur auf dem Gelände, sondern quellen darüber hinaus, auf städtischen Grund. "Beim Befüllen der Boxen kann dies versehentlich passieren", kommentiert Lothar Ruess die Anfrage unserer Redaktion. Eine Schließung des Zauns im unteren Bereich sei bereits in Vorbereitung.

Überdies kämen in der Betonproduktion ausschließlich gewaschene Materialien zum Einsatz, so Ruess. Auch zu diesem Aspekt folgt der Zusatz: "Das laufende Verfahren macht es uns aktuell unmöglich, hierzu weiter Stellung zu nehmen. Wir denken, dass Sie hierfür Verständnis haben werden."

Die Anwohner indes haben seit langem kein Verständnis mehr dafür, dass der Mischturm – Anfang der 1960er-Jahre erbaut – Bestandschutz genießt, obwohl regelmäßig daraus etwas entweicht, was sie aufgrund der Substanz für gesundheitsschädlichen Zementstaub halten – und eben nicht für Wasserdampf.

Außerdem fragen sie sich, warum Menschen aus ganz Albstadt gegen die geplante Verbrennungsanlage für Ersatzbrennstoffe in Ebingen vorgegangen sind, aber niemanden die Emissionen von "Valet & Ott" zu interessieren scheinen.